[31.07.2009] - Tagesecho - Martina Schneibergová
Jubiläum: Kulturverband deutscher Bürger entstand vor 40 Jahren
Bemühungen, eine Organisation für die deutsche Minderheit in der damaligen Tschechoslowakei zu gründen, gab es schon vor etwa 50 Jahren. Erst in der Zeit der politischen Entspannung des Prager Frühlings hat sich der Wunsch vieler Deutschen in der Tschechoslowakei erfüllt. Der Kulturverband der Bürger deutscher Nation feiert in diesen Tagen den 40. Gründungstag. In Prag fand vor kurzem eine Festveranstaltung mit Ausstellung statt.
Beifall ernteten die Redner, die eine Wanderausstellung eröffnet haben. Im Saal des Hauses der nationalen Minderheiten in Prag wimmelte es von vorwiegend älteren Damen. Mit viel Interesse kommentierten sie die Großformatfotos und lasen die Begleittexte. Als Plakat diente ein Foto mit einem Spreewald-Boot mit vielen Passagieren an Bord. Eine der Frauen suchte auf dem großen Bild offensichtlich nach bekannten Gesichtern:
Sind Sie auch auf dem Bild dabei?
„Ich bin mit dabei. Das war unser erster Ausflug nach der Gründung unseres eigenen Verbandes – am 4.8. 1969. Zwei volle Boote gab es damals.“
Wie war das damals bei der Gründung des Kulturverbandes?
„Ich kann sagen, dass es sehr emotional war. Wir sind damals in den Saal gekommen – im Kulturhaus der Eisenbahner hat das stattgefunden. Auf einmal 300 Deutsche und alle haben dort deutsch gesprochen. Uns sind die Tränen gekommen. Wir haben das gar nicht geglaubt, dass das möglich war, dass wir das geschafft haben, einen eigenen Verband zu haben.“
Margarethe Bauer ist auch diesmal aus Ústí nad Labem / Aussig nach Prag gekommen, um an dem feierlichen Treffen teilzunehmen und die Jubiläumsausstellung zu besichtigen. Der Kulturverband hat den Kommunismus überlebt. Zu einem Generationswechsel kam es in der Verbandsleitung vor drei Jahren, als Irena Nováková zur Vorsitzenden gewählt wurde. Ihre Eltern waren in Jablonec nad Nisou / Gablonz von Anfang an mit dabei. Was war es, das Leute an der Verbandstätigkeit interessierte?
„Eindeutig die Sprache. Die Leute haben sich gefreut, dass sie irgendwo zusammentreffen und deutsch sprechen können. Denn wie ich gehört habe, war es in vielen Orten so, dass sie sich nicht getraut haben, in der Öffentlichkeit deutsch zu sprechen. In den Familien haben sie vielleicht manchmal deutsch geredet, aber auch da haben sie Angst gehabt, dass die Kinder das raus bringen und dass es Probleme damit geben kann. Sie haben diese Organisation gegründet, damit sie unter sich sein konnten und keine Angst zu haben brauchten, deutsch zu sprechen, singen und sich unterhalten, wie sie wollten.“
Wie viele Mitglieder hat heutzutage der Kulturverband?
„Der Kulturverband hat heute etwa 1300 aktive Mitglieder, die mit dabei sind und zusammenarbeiten.“
Soviel ich weiß, stammen die meisten Mitglieder aus Nordböhmen. Dies ist aber kein Zufall oder?
„Nein. Nordböhmen war die Region, in der es erlaubt war, den Kulturverband damals zu gründen, denn es war in der Nähe der DDR-Grenze.“
Sie haben erwähnt, dass es auch jüngere Menschen gibt, die nach ihren deutschen Wurzeln suchen. Haben Sie in letzter Zeit jemanden getroffen, der sich dafür interessiert?
„Ich habe in Gablonz einen jüngeren Mann gefunden, der Interesse für die Arbeit für die deutsche Minderheit hat. Aber es gibt mehrere solche Leute.“
Die Verbandsvorsitzende, die ihre Arbeit - wie alle im Kulturverband - ehrenamtlich macht, ist optimistisch:
„Ich würde mir wünschen, dass die deutsche Minderheit auch weiterhin im Gedächtnis bleibt, dass man sie nicht vergisst. Es gibt auch skeptische Stimmen, die behaupten, dass es damit nicht mehr lange dauern wird. Wenn man solche Veranstaltungen wie diese Ausstellung vorbereitet und ich habe noch viele andere Pläne u. a. mit dem Archiv, der Dokumentation usw.), bin ich davon überzeugt, dass das Interesse für die deutsche Minderheit bestehen wird.“
Die Wanderausstellung zum 40. Jahrestag des Kulturverbandes soll demnächst in Chomutov / Komotau gezeigt werden.


Source: Czech Radio 7, Radio Prague
URL: http://www.radio.cz/de/artikel/118871
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