[01.07.2009] - Tagesecho - Till Janzer
Jugendliche aus vier Ländern forschen zur Geschichte und diskutieren mit Angela Merkel
Schüler aus Tschechien, Deutschland, Polen und Österreich forschen in der
Geschichte ihrer Heimatorte. Sie fördern teils unbekannte, teils
verdrängte Tatsachen aus der NS-Zeit zu Tage und sprechen darüber mit
Zeitzeugen. Und dann erstellen sie eine eigene Zeitung zu ihren
Forschungsergebnissen. Das ist das Projekt „step 21“, es besteht seit
zehn Jahren. Die Ergebnisse der dritten Forschungsrunde wurden am Dienstag
bei einem Festakt in Berlin der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel
präsentiert.
„Wir kommen aus Brno / Brünn, der zweitgrößten Stadt der Tschechischen
Republik. Wir sind 18 oder 19 Jahre alt und besuchen gemeinsam das deutsche
Landesgymnasium. Wir haben uns mit der Geschichte des Kaunitz-Kollegs
beschäftigt.“
Mit verteilten Sprachrollen und mit einem ausgefeilten Konzept – so
haben 70 Jugendliche aus den vier Ländern am Dienstag in Berlin ihre
Arbeit von mehreren Monaten vorgestellt. Bundeskanzlerin Angela Merkel nahm
sich trotz des Wahlkampfes in Deutschland eine Stunde Zeit. Dazu gehörte
auch eine Podiumsdiskussion, bei der Merkel das Interesse der Jugendlichen
an der Geschichte ihrer Heimatorte ausdrücklich lobte:
„Was ich faszinierend finde: Es ist nicht irgendwo auf der Welt, ganz
weit weg, sondern immer in der unmittelbaren Heimat, wo man denkt, dass man
fast schon alles weiß und hinterher herausfindet, dass man auf einiges
noch nicht so geachtet hat“, sagte die deutsche Bundeskanzlerin.
Mit der Kanzlerin diskutieren durften vier Schüler – aus jedem Land
einer. Für Jakub Kavánek aus dem nordböhmischen Liberec / Reichenberg
ein besonderes Erlebnis:
„Sie hat gut geantwortet. Ich war anfangs sehr nervös, aber nach einer
Zeit ging es. Zudem war der Moderator sehr gut.“
Seit November vergangenen Jahres hatten die Schüler in 15 Teams an ihren
Themen im Rahmen des Projekts „step 21“ gearbeitet. Aus Tschechien
waren drei Teams beteiligt. Sie beschäftigten sich mit dem
Gestapo-Gefängnis im Brünner Kaunitz-Kolleg, der Propaganda und Realität
in Nordwestböhmen nach dem Münchner Abkommen von 1938 sowie mit dem Brand
der Synagoge im damaligen Reichenberg. Doch das Ziel waren
Zeitungsbeiträge über die Forschungsergebnisse. Historiker und
Journalisten betreuten die Jugendlichen:
„Übergreifend hatten die Teams am häufigsten das Problem, das Thema
einzugrenzen. Sie wussten, worüber sie schreiben wollten, sie hatten
recherchiert. Das aber journalistisch umzusetzen und auf einen
Zeitungsartikel hinzutrimmen, war die größte Aufgabe“, so Armin Krahl,
einer der Betreuer.
Nun ist eine Zeitung mit einer Auflage von 30.000 Stück entstanden. Die
erste Leserin des dreisprachigen Blattes: Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Source: Czech Radio 7, Radio Prague
URL: http://www.radio.cz/de/artikel/117880
© Copyright 1996, 2009 Radio Prague
All rights reserved.