[15.06.2009] - Tagesecho - Patrick Gschwend
Klaus mahnt in Lidice ein härteres Vorgehen gegen Neonazis an
Am Samstag jährte sich die Tragödie von Lidice zum 67. Mal. Am 10. Juni
1942 machten die Nazis das Dorf bei Kladno in Mittelböhmen dem Erdboden
gleich. Die männlichen Bewohner wurden noch an Ort und Stelle erschossen.
Die meisten Frauen und Kinder wurden in nationalsozialistischen
Konzentrationslagern ermordet. Die Auslöschung von Lidice sollte eine
Vergeltung sein für das Attentat tschechischer Fallschirmjäger, bei dem
wenige Tage zuvor der Reichsprotektor von Böhmen und Mähren, Reinhard
Heydrich, tödlich verletzt wurde. An das Verbrechen der Nazis wird zu
jedem Jahrestag mit einem Gedenkakt erinnert.
Blauer Himmel und Sonnenschein passten nicht so recht zu der gedrückten
Stimmung, die das Gedenken an das Verbrechen von Lidice vor 67 Jahren
begleitete. Der Gedenkakt stand in diesem Jahr unter dem Eindruck des
wachsenden Rechtsextremismus in Tschechien. Fast jede Woche marschieren
Neonazis durch tschechische Städte, um ihre menschenverachtende Ideologie
zu verbreiten.
„Lidice erinnert aber daran, was diese Ideologie letztlich
hervorbringt“, sagte Premier Jan Fischer.
Auch Präsident Václav Klaus betonte, wie wichtig es sei, nicht zu
vergessen, welche Gräueltaten die Nationalsozialisten in Tschechien
verübten.
Die tschechischen Politiker mahnte Klaus zu größerer Härte gegenüber
rechtsradikalen Umtrieben:
„Ich wäre weitaus härter, als sich manche unserer Bürgermeister und
Minister trauen. Ich bin davon überzeugt, dass die bestehenden Gesetze das
ermöglichen. Aber es herrscht oft eine Angst bei Bürgermeistern und
Politikern, diese Möglichkeiten auszuschöpfen, weil sie befürchten, sich
dadurch Feinde zu schaffen. Dafür habe ich keine Entschuldigung.“
Vielleicht wurde der Aufruf von Klaus schon erhört. Die tschechische
Übergangregierung unter Fischer erklärte erst kürzlich den Kampf gegen
Extremisten zu einer ihrer Prioritäten. In der vergangen Woche wurden bei
einer landesweiten Razzia zehn Rechtsradikale festgenommen. Und am Sonntag
nahmen Polizisten bei einem weiteren Zugriff im nordböhmischen Most /
Brüx 14 Neonazis in Gewahrsam.
Bei seiner Ansprache in Lidice sandte Klaus aber auch eine Botschaft über
die Grenze nach Deutschland. Die Auslöschung von Lidice habe die letzte
Bereitschaft der Tschechen beendet, nach dem Zweiten Weltkrieg weiter mit
den Sudetendeutschen zusammenzuleben, sagte der Präsident.
„Als ich die Reden auf dem Sudetendeutschen Tag in Augsburg vor zwei
Wochen gehört habe, habe ich Angst bekommen, dass einige Leute das immer
noch nicht verstanden haben“, so Klaus.
Source: Czech Radio 7, Radio Prague
URL: http://www.radio.cz/de/artikel/117321
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