[03.03.2009] - Aus dem Tonarchiv - Eva Schermutzki
Schönbach, Heimat der böhmischen Geigenbauer - im Schulfunk 1936
Schulen und Schüler gab es schon immer. Aber die Unterrichtsweise hat sich
in den letzten Jahrzehnten erheblich verändert - möchte man zumindest
meinen. Doch weit gefehlt: Schon 1936 gab es Unterricht mit modernem
Medieneinsatz. Der Tschechoslowakische Rundfunk strahlte eine Lektion über
die so genannte „Musikinstrumente-Erzeugung“ aus - und der Lehrer
musste dazu aktiv werden.
„Liebe Schulfunkhörer! Wir sind heute mit unseren Mikrofonen in
Schönbach, unweit von Eger, im westlichen Böhmen. Und jetzt sollt Ihr
Eurem Lehrer verraten, auf was für Instrumenten Eure Schönbacher
Kameraden gespielt haben.“
Streichinstrumente wie Violinen, Bratschen oder Kontrabässe und viele
weitere Blech- und Holzblasinstrumente – sie alle stammen aus den
Werkstätten von Schönbach. Schönbach, heute Luby, ist für seine lange
Tradition im Instrumentenbau bekannt. Der Sprecher des Schulfunks wendet
sich an einen der Dorfbewohner:
„Sind sie so gut und erzählen sie uns etwas von der
Musikinstrumentenerzeugung?“
Die Antwort ist kurz, aber aufschlussreich:
„Schönbach ist die Heimat der böhmischen Geigenbauer. Schon seit 400
Jahren baut man hier Streichinstrumente.“
1610 wird in Schönbach zum ersten Mal ein Instrumentalist namens Johannes
Artus urkundlich erwähnt. Das ist der Beginn. 1882 waren dann bereits
über 600 Musikinstrumentehersteller in Schönbach registriert. Um 1900
setzte ein regelrechter Boom ein. Der Einheimische erzählt weiter:
„Aus kleinstem Gewerbe ist hier eine Industrie entstanden, die Weltruf
genießt. Das ganze Städtchen mit seinen 5000 Einwohnern lebt heute vom
Geigenbau.“
So die Bestandsaufnahme 1936. Bis zum Zweiten Weltkrieg gehörte die
Gegend um Schönbach zum so genannten „Musikwinkel“ im
bayerisch-böhmischen Grenzgebiet. Doch die Instrumente wurden in hohen
Stückzahlen produziert – und das brachte Schönbach auch den Ruf
minderwertiger Massenware ein. Trotzdem hatte auch das Musikbauer-Handwerk
einen goldenen Boden; ein Geigenbaumeister verrät die eigentliche Kunst
seines Handwerks:
„Wir Geigenbauer haben da alle unser Geheimnis. Wir sind keine
mechanischen Arbeiter. Und oft stirbt mit einem Geigenbauer seine Kunst.“
„Das will ich gern bestätigen! Ihr Geigenbauer seid keine Arbeiter im
herkömmlichen Sinne, Ihr seid Künstler“, bekräftigt der Sprecher des
Schulfunks.
Auch heute noch werden diese Künstler hoch geschätzt. Ausgewiesene
Schönbacher Instrumente erzielen auf Auktionen Rekordpreise. Und Künstler
aller Kategorien tragen den Namen Schönbach in die ganze Welt. Das wohl
prominenteste Beispiel ist der legendäre Beatles-Bass von Paul McCartney.
Source: Czech Radio 7, Radio Prague
URL: http://www.radio.cz/de/artikel/113828
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