[12.01.2009] - Tagesecho - Daniel Kortschak
Neuer österreichischer Außenminister auf Antrittsbesuch in Prag
Es ist eine alte Tradition: Die erste Auslandsreise eines neuen
österreichischen Außenministers führt in ein Nachbarland. Auch Michael
Spindelegger, der seit 2. Dezember im Amt ist, hielt sich daran. Als
erster
österreichischer Außenminister wählte er Tschechien als Ziel für
seinen
Antrittsbesuch. Am Freitag traf er in Prag seinen tschechischen
Amtskollegen Karel Schwarzenberg.
„Für mich ist es eine Freude, als relativ junger österreichischer
Außenminister den ersten bilateralen Besuch dem Nachbarland Tschechien zu
widmen. Zum einen ist das ein Zeichen der guten nachbarschaftlichen
Beziehungen. Ich glaube, dass die Beziehungen zwischen unseren Ländern
noch nie so gut waren wie heute.“ Zudem verstehe er seinen Besuch als
Zeichen der besonderen Anerkennung und Unterstützung für die
tschechische
EU-Ratspräsidentschaft.“ Soweit Michael Spindelegger.
Tschechiens Außenminister Karel Schwarzenberg zeigte sich erfreut über
Spindeleggers Geste. Man habe die Gelegenheit genutzt, um verschiedene
bilaterale Fragen zu besprechen, etwa den weiteren Ausbau der
Verkehrs-Infrastruktur. Michael Spindelegger betonte, unter Freunden
könne
man auch ganz offen über heikle Themen sprechen. Er habe seinem
tschechischen Amtskollegen erneut die österreichischen Vorbehalte
gegenüber dem südböhmischen Kernkraftwerk Temelín und dessen
eventuellen Ausbau dargelegt. Auch die Frage der so genannten
Beneš-Dekrete habe man erneut erörtert.
Ein weiterer Streitpunkt zwischen den beiden Nachbarstaaten sind die
weiterhin bestehenden Zugangsbeschränkungen auf dem österreichischen
Arbeitsmarkt. Wir haben darüber mehrmals ausführlich berichtet. Minister
Schwarzenberg drängte auf eine Lösung
„Ich habe dem Herrn Minister erklärt, dass sich Österreich nicht
vor
einer Überflutung seines Arbeitsmarktes durch tschechische Bürger
fürchten muss.“
Mit Ende April dieses Jahres laufen die bisherigen Übergangsregelungen
aus. Theoretisch könnte Österreich in Brüssel noch einmal eine
Verlängerung um zwei Jahre beantragen. Dazu werde das Land aber –
genauso wie Deutschland übrigens – „sehr gute Gründe“ brauchen,
wie
der zuständige tschechische EU-Kommissar Vladimír Špidla kürzlich im
Radio-Prag-Interview betonte. Außenminister Spindelegger beließ es am
Freitag bei einem recht vagen Statement:
„Ich nehme das so mit, als einen Wunsch der Tschechischen Republik,
hier
rasch zu einer Freizügigkeit zu kommen. Dafür werden wir unsere
Diskussionen in Österreich intensivieren.“
Natürlich auch besprochen haben die beiden Außenminister die aktuelle
Gas-Krise. Karel Schwarzenberg betonte, es handle sich wohl um einen
bilateralen Streit zwischen Russland und der Ukraine. Dessen massive
Auswirkungen für die EU verliehen ihm aber auch eine starke politische
Dimension:
„Ich habe einen Satz schon so oft wiederholt, dass er mir schon
selber
auf die Nerven geht. Ich komme aber nicht umhin, ihn noch einmal
einzutrommeln: Die Europäische Union ist lächerlich, und geht an ihrem
wesentlichen Sinn vorbei, wenn sie zwar gemeinsame Käse-Regulierungen hat
und bestimmt, was eine Marmelade, ein Jam oder sonst wie genannt wird,
aber
nicht zu einer gemeinsamen Energiepolitik findet.“
Source: Czech Radio 7, Radio Prague
URL: http://www.radio.cz/de/artikel/112117
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