[02.09.2008] - Tagesecho - Martina Schneibergova
Interkulturelles aus Brünn: Moravia Cantat tanzte zu den Teufelsrhythmen von Bengas
Die recht bunte Auswahl von Liedern, die am Donnerstagabend im Brünner
Kulturzentrum Omega erklang, entsprach vollständig der Bezeichnung des
Konzerts. Denn das Publikum wurde eingeladen zu einem interkulturellen
Konzertabend.
Dieses jüdische Lied sowie zahlreiche deutsche und mährische Lieder hat
das Ensemble Moravia Cantat aus Stuttgart vorgetragen. Die Mitglieder des
Musikensembles und Chors sind bereits die dritte Generation von
Sudetendeutschen, die aus Mähren stammt. Das Konzert wurde vom Museum für
die Roma-Kultur in Zusammenarbeit mit dem Sudetendeutschen Büro in Prag
veranstaltet. Für das Ensemble ist es nicht der erste Besuch in Mähren,
wie der Leiter des Ensembles Wolfram Hader verriet:
“Unser Ausgangspunkt ist die deutsche Musikkultur der böhmischen
Länder. Wir singen und spielen aber auch viele tschechische Kompositionen.
Vor einigen Jahren haben wir auch den böhmischen Nationaltanz ´česká
beseda´ getanzt. In den letzten Jahren haben wir auch jüdische Lieder aus
den böhmischen Ländern auf unserem Programm. Diesmal haben wir nach dem
Konzert in Brünn noch weitere Konzerte: in Moravská Třebová / Mährisch
Triebau, Šumperk / Mährisch Schönberg, Budišov nad Budišovkou /
Bautsch, Opava / Troppau und in Krnov / Jägerndorf. Wir hatten schon
mehrere Mähren-Tourneen unternommen. Schon in der kommunistischen Zeit
haben wir uns bemüht, hierher zu kommen. Wir waren 1978 als
Touristengruppe in Südmähren. Damals war es nicht möglich offiziell zu
kommen und aufzutreten. Den Besuch haben wir dann 1989 wiederholt, dies war
unmittelbar vor der Samtenen Revolution. Seitdem treten wir regelmäßig in
Böhmen und in Mähren auf, wobei der Schwerpunkt eher in Mähren liegt.
Dies ist schon unsere dritte Mähren-Tournee.“
Das Gespräch mit dem Gast aus Stuttgart musste ich abbrechen, denn schon
beherrschte die populäre Prager Roma-Band Bengas das Podium, und die
deutschen Musiker wollten auch mit dabei sein.
Der Kapelle Bengas gelang es gemeinsam mit einer Tanzgruppe von
Roma-Kindern sehr schnell den ganzen Saal in den Schwung zu bringen. Die
Stuttgarter Gäste haben auch mitgetanzt. Der Zauber dieser Rhythmen ist zu
begreifen, denn wie ich vom Vorsitzenden der Roma-Gemeinschaft in Mähren
Karel Holomek während des Konzerts erfuhr, bedeutet der Name der Band
Bengas eigentlich die Teufel. Wie kam das gemeinsame Konzert von Bengas mit
dem Ensemble Moravia Cantat zustande? Karel Holomek:
„Die Idee war, die deutsche Kultur den Leuten hier näher zu bringen.
Denn es gibt bei uns immer noch Leute, die im Banne der alten Ereignisse
denken. Ich besuche Deutschland oft und weiß, dass die Enkelkinder ihren
Großvätern oft harte Fragen nach der Vergangenheit stellen. Bei manchen
Leuten bei uns überlebt immer noch der Stachel des Unrechts. Das Böse, ob
wir damit die Konzentrationslager oder die Vertreibung meinen, hat
denselben Kern – es ist ein menschliches Versagen.“
Source: Czech Radio 7, Radio Prague
URL: http://www.radio.cz/de/artikel/107849
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