[02.09.2008] - Tagesecho - Patrick Gschwend
Tomáš Baťa ist tot - Der weltbekannte Unternehmer starb mit 93 Jahren
Tomáš Baťa Junior, der langjährige Chef der traditionsreichen
Schuhfirma Baťa, ist tot. Mehrere hochrangige Politiker würdigten
Persönlichkeit und Lebenswerk des tschecho-kanadischen Unternehmers. Ein
Nachruf von Patrick Gschwend.
Tomáš Baťa Junior starb gestern im Alter von 93 Jahren im kanadischen
Toronto. Dorthin war er 1948 nach der Machtübernahme der Kommunisten in
der Tschechoslowakei emigriert. Seit den 60er Jahren war er der Chef der
weltweit agierenden Schuhfirma Baťa. Die Leitung hatte Tomáš Baťa erst
vor wenigen Jahren an seinen Sohn übergeben.
Die Firma Baťa wurde im Jahre 1894 von Antonín Baťa, dem Großvater
Tomáš Baťa Juniors, im mährischen Zlín gegründet. Das Gebiet der
späteren Tschechoslowakei war damals noch Teil der Doppelmonarchie
Österreich-Ungarn. Während der ersten tschechoslowakischen Republik in
den 30er Jahren expandierte das Unternehmen ins Ausland und stieg zum
Weltmarktführer der Schuhfabrikanten auf.
Trotz der Verlagerung seines Lebensmittelpunktes nach Kanada blieb Tomáš
Baťa Junior Zeit seines Lebens der alten Heimat verbunden. 1994 sagte er
dem Tschechischen Fernsehen:
„Am stolzesten bin ich darauf, dass wir die aus der
Tschechoslowakei
stammende Grundidee in der ganzen Welt verbreitet haben. Dass man einst in
der Welt wusste, dass Baťa ein tschechoslowakisches Unternehmen
ist.“
Nach der Okkupation der Tschechoslowakei durch Nazideutschland ging die
Baťa-Dynastie 1939 ins Exil. Der damalige Chef der Firma, Jan Antonín
Baťa, baute den Konzern aus den ausländischen Teilen neu auf. Er war der
Bruder von Tomáš Baťa Senior, der 1932 bei einem Flugzeugabsturz ums
Leben gekommen war. Tomáš Baťa Junior begann während des Zweiten
Weltkrieges mit eigener Geschäftstätigkeit in Kanada. Nach
jahrzehntelangen Streitigkeiten um das Familienerbe und dem Tod seines
Onkels Jan Antonín Baťa im Jahre 1965 übernahm er die Leitung des
Weltkonzerns. Nach der Samtenen Revolution bemühte Tomáš Baťa Junior
sich erfolglos um die Restitution der ursprünglichen Firma in Zlín. Er
musste schließlich einige Teile zurückkaufen. Zudem musste Tomáš Baťa
Junior um den guten Ruf seiner Familie kämpfen. Sein Onkel Jan Antonín
Baťa wurde von den Kommunisten in einem Schauprozess Ende der 40er Jahre
der Kollaboration mit den Nazis beschuldigt. Seine endgültige
Rehabilitierung im Jahr 2007 ist auch dem Engagement seines Neffens zu
verdanken.
„Jan Baťa war ein ehrlicher tschechoslowakischer Patriot sein
ganzes
Leben lang. Die Anschuldigungen waren eine kommunistische
Gaunerei.“
Tomáš Baťa Junior war nach dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989 einer
der ersten Exilanten, die ihre alte Heimat besuchten. Die Zliner
Bevölkerung bereitete dem berühmten Sohn der Stadt einen warmen Empfang.
Der Politiker und Ökonom Valtr Komárek war damals dabei.
„Ich erinnere mich noch gut an unser persönliches Treffen und an
Baťas
Verdienste um die Entwicklung in der Tschechoslowakei nach der Wende. Ich
war mit ihm damals in Zlín. Dort versammelten sich etwa 50.000 bis 60.000
Menschen auf dem Marktplatz und skandierten: ´Baťa, unser Tomáš
Baťa!´ Er hat geweint und hat mit diesem typisch mährischen Akzent zu
mir gesagt: ´Wissen Sie, ich habe schon ein erlebnisreiches Leben hinter
mir, aber so etwas habe ich noch nie erlebt.“
Der Baťa-Konzern ist seit jeher stark sozial engagiert. Die
Baťa-Stiftung unterstützt kulturelle und karitative Projekte in aller
Welt. Der Tod Tomáš Baťa Juniors kam trotz seines hohen Alters
plötzlich und unerwartet. Mit seiner Ehefrau Sonja hatte er vier Kinder.
Die Familie hat sich bisher noch nicht öffentlich zu dem Trauerfall
geäußert.
Source: Czech Radio 7, Radio Prague
URL: http://www.radio.cz/de/artikel/107848
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