[13.06.2008] - Tagesecho - Thomas Kirschner
Agrar-Schulterschluss - deutscher Landwirtschaftsminister Seehofer in Prag
Der deutsche Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer war zu Besuch in
Prag. Die Diskussion um Biokraftstoffe und ganz aktuell der Streit um die
Milchpreise – das sind Themen aus dem Agrarbereich, die auch Tschechien
bewegen. Minister Horst Seehofer sprach darüber nicht nur mit seinem
tschechischen Amtskollegen Petr Gandalovič, sondern auch mit unserem
Mitarbeiter Pavel Polák. Unter anderem auch darüber, dass es während der
bevorstehenden tschechischen EU-Ratspräsidentschaft eine enge
Zusammenarbeit beider Länder im Agrarbereich geben soll.
„Ich kann nur aus meiner Erfahrung im Agrarbereich reden und aus meinem
persönlichen Erlebnis mit Landwirtschaftsminister Petr Gandalovič, aber
da war der Schulterschluss immer sehr eng. Nehmen wir nur die
Weinmarkt-Ordnung: Bei meinem Aufenthalt in Prag hat mir jetzt ein
Weinbauer ausdrücklich dafür gedankt, dass Deutschland und Tschechien
hier eng zusammen gehalten haben. Und so werden wir es weiter machen bei
der Fortentwicklung der Agrarpolitik, bei der Milchpolitik und bei der
schwierigen Frage der Biokraftstoffe. Wie haben gute gemeinsame Projekte in
der Agrarpolitik, und ich hoffe sehr darauf, dass wir in der tschechischen
Ratspräsidentschaft auch das eine oder andere gemeinsam bewerkstelligen
werden.
Eine Frage zu der aktuellen Milchkrise in Deutschland: Was ist Ihrer
Meinung nach die Lehre daraus?
„Dass die Bauern – jedenfalls bei uns in Deutschland – dieser Macht
der Supermarktketten sehr hilflos ausgesetzt waren. Der einzelne Bauer
braucht einen fairen und kostendeckenden Preis. Wenn er den nicht bekommt,
kann er nicht existieren, und wenn der Bauer nicht existieren kann, dann
müssen wir die Rohstoffe auch für die Lebensmittel aus dem Ausland
importieren, und wohin das führt erleben wir ja jetzt bitter bei der
Energieversorgung. Wenn man abhängig ist, muss man die Preise zahlen, die
vom Ausland verlangt werden. Und das möchte ich bei den Lebensmitteln
nicht. Und deshalb trete ich nachdrücklich dafür ein, dass unsere Bauern
in Europa faire und kostendeckende Preise bekommen, von denen sie
existieren können.“
In den Medien findet man aber auch die Meinung, dass es gegen die freie
Marktwirtschaft verstößt, die Bauern allzu sehr zu unterstützen und
Subventionen zu vergeben…
„Ich bin ein sehr großer Anhänger der Marktwirtschaft, aber
Marktwirtschaft darf nicht schrankenlos sein. Auch in einer Marktwirtschaft
gibt es eine Verantwortung für das Wohlergehen der Menschen – für die
Verbraucher, und auch für die Produzenten. Wenn also das
Machtgleichgewicht nicht mehr gegeben ist und die Bauern den großen
Monopolen hilflos gegenüber stehen, dann ist es eine Aufgabe der Politik,
hier für den Interessensausgleich zu sorgen.“
Die letzte Frage: Sie haben von einem ´gemeinsamen Kampf gegen die
Europäische Kommission´ gesprochen – was haben Sie damit gemeint?
Ich habe damit gemeint, dass nach dem derzeitigen EU-Recht die Kommission
ungewöhnlich stark ist. Das Initiativrecht liegt bei ihr, und wir 27
Minister oder Staatschefs müssen daher immer auch die Kommission
überzeugen. Daher müssen sich die Länder zusammenschließen, und
Tschechien und Deutschland tun das.“
Source: Czech Radio 7, Radio Prague
URL: http://www.radio.cz/de/artikel/105088
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