[27.05.2008] - Tagesecho - Lothar Martin
Unter Dach und Fach: In Cheb wird deutscher Soldatenfriedhof entstehen
Nun ist es amtlich: Die sterblichen Überreste von zunächst rund 4000
Angehörigen der deutschen Wehrmacht, die während des Zweiten Weltkriegs
auf tschechischem Boden ums Leben gekommen sind, werden auf einem
Soldatenfriedhof im westböhmischen Cheb / Eger beigesetzt. Ein
entsprechendes Abkommen haben die Stadt und der Volksbund Deutsche
Kriegsgräberfürsorge (VdK) am Montag unterzeichnet. Der Volksbund
beteiligt sich mit rund einer Million Euro auch an den Kosten für eine
Erneuerung des gesamten städtischen Friedhofsareals, dessen Bestandteil
der neue Soldatenfriedhof sein wird.
Im März 2006 wurde in der nordböhmischen Elbestadt Ústí nad Labem /
Aussig ein skurriler Knochenfund gemacht. In einer Fabrikhalle hatte man
Kisten mit den sterblichen Überresten deutscher Wehrmachtssoldaten
gefunden. Viele auf tschechischem Boden zum Ende des Zweiten Weltkriegs
getötete Soldaten wurden mehr lieblos begraben statt ordentlich
beigesetzt, bestätigte dieser Tage Tomás Jakl vom Militärhistorischen
Institut in Prag:
„Die große Mehrheit der Gebeine stammt von Angehörigen der deutschen
Wehrmacht, die hierzulande in den letzten Kriegstagen im Mai 1945 gefallen
sind. Die meisten der Soldaten sind an ziemlich unwürdigen Plätzen in
ganz Tschechien bestattet worden. Zum größten Teil ohne Namen oder einen
Hinweis auf ihre Identität. Aber genau das ist eine der Bedingungen der
Genfer Konvention, zu deren Einhaltung sich unsere Republik im Rahmen
internationaler Verträge verpflichtet hat. Eine ordentliche Bestattung mit
Bezeichnung ist also der Hauptgrund, dass die Toten nun woanders als vorher
begraben werden.“
Es wird der neu entstehende Soldatenfriedhof in Cheb sein, wo die Gebeine
der über 4000 deutschen Soldaten, die derzeit auf dem Militärstützpunkt
Brdy zwischenlagern, ihre endgültige Ruhestätte finden werden. Das wurde
möglich durch ein Angebot der Stadt, den ursprünglich vom Volksbund in
Prag geplanten Friedhof, stattdessen hier zu schaffen. Auf dem Gelände des
örtlichen Friedhofs, den es zu erweitern und zu sanieren gilt. Mit welchen
Mitteln, darüber wurden seit Januar zähe Verhandlungen geführt. Am
Montag wurden sie erfolgreich zu Ende gebracht. Nach der beiderseitigen
Vertragsunterschrift zeigte sich auch Chebs Bürgermeister Jan Svoboda
zufrieden:
„Dafür, dass die deutschen Soldaten auf dem Friedhof in Cheb bestattet
werden, macht die deutsche Seite ein großes finanzielles Zugeständnis.
Mit Hilfe des Geldes wird der Friedhof grundlegend rekonstruiert und sowohl
für die Toten unter den Stadtbewohnern als auch für die gefallenen
deutschen Soldaten die letzte Ruhestätte sein. Ich denke, dass damit eine
gute Zusammenarbeit beginnt.“
Diese Zusammenarbeit wird jedoch nicht überall in Tschechien begrüßt.
Besonders die Mitglieder des „Verbandes der Freiheitskämpfer“ fühlen
sich brüskiert. Die Vorsitzende des Verbandes, Anděla Dvořáková, sagte
gegenüber Radio Prag:
„Wir waren von Anfang an, als die ersten Verhandlungen dazu geführt
wurden, gegen die Errichtung eines deutschen Soldatenfriedhofs in
Tschechien. Wir sind der Meinung, dass die sterblichen Überreste der Toten
dort hätten verbleiben sollen, wo sie tatsächlich gefallen sind. Oder
aber die deutsche Seite hätte die Gebeine der Toten nach Deutschland
überführen und ihnen zu Hause eine würdige Grabstätte einrichten
können.“
Dennoch: Mit der Errichtung des Soldatenfriedhofs in Cheb wird ein
weiteres Kapitel der deutsch-tschechischen Nachkriegsgeschichte
versöhnlich geschlossen.
Source: Czech Radio 7, Radio Prague
URL: http://www.radio.cz/de/artikel/104454
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