[30.12.2005] - Tagesecho - Bára Procházková
Klage der Sudetendeutschen beim EU-Gerichtshof abgelehnt
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in
Straßburg hat die Klage von Sudetendeutschen abgelehnt, die die Tschechische
Republik wegen der Eigentumsenteignung nach dem Zweiten Weltkrieg geklagt haben.
Bara Prochazkova berichtet.
Es haben 90 Sudetendeutsche die Tschechische
Republik beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angeklagt. Gegenstand
der Anklage war die Konfiszierung ihres Eigentums oder des Eigentums ihrer
Vorfahren nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, die gesetzliche Grundlage dafür
bildeten in der Tschechoslowakei die so genannten Benes-Dekrete. Am 13. Dezember
hat der EU-Gerichtshof diese Beschwerde jedoch als unannehmbar bezeichnet. Der
Sprecher des Justizministeriums, Petr Dimun, informierte am Donnerstag die
Journalisten über die Hintergründe der Entscheidung:
"Einer der Gründe für die Ablehnung war, dass die Kläger
nicht alle rechtlichen Möglichkeiten in der Tschechischen Republik ausgeschöpft
haben. Des Weiteren sind die Ansprüche, die sie gestellt haben, vor der
Gültigkeit der Europäischen Menschenrechtskonvention entstanden. Im Hinblick
darauf, dass der Europäische Gerichtshof der Menschenrechte nur über diejenigen
Ansprüche entscheiden kann, die nach der Einführung der Konvention entstanden
sind, war die Anklage nicht annehmbar."
Die weitere Erklärung aus Straßburg: Keiner der Kläger hat
Restitutionsanspruch in Tschechien erhoben sowie hat sich keiner an das
Verfassungsgericht nach Misserfolgen bei niedrigeren Gerichtsinstanzen gewandt.
Gegenstand der Klage seitens der Sudetendeutschen war vor
allem, dass die Tschechische Republik das Unrecht nicht anerkannt hat, das mit
der Enteignung des Eigentums verbunden war, sowie dass sie keine Entschädigung
für das konfiszierte Eigentum gewährt hat. Weiteren Klägern müsse damit klar
sein, dass es keinen Sinn habe, auf diesem Wege das Eigentum zurückzuverlangen,
kommentierte Vladimir Balas vom Institut für Staat und Recht der tschechischen
Akademie der Wissenschaften die Gerichtsentscheidung.
Der Begriff Benes-Dekrete wird für die Rechtsnormen aus den
Jahren 1940 bis 1945 in der Tschechoslowakei genutzt. Anhand von einigen
Dekreten wurde nach dem Krieg das Eigentum von Deutschen sowie Magyaren
enteignet. Im Dezember 1945 wurde in der damaligen Tschechoslowakei der Wert des
deutschen enteigneten Eigentums auf 300 Milliarden Kronen geschätzt. Der
Historiker Jan Mlynarik ist jedoch der Meinung, dass die Sudetendeutschen in der
Tschechoslowakei ein Eigentum im Wert von 800 Milliarden Kronen hinterlassen
haben.
Source: Czech Radio 7, Radio Prague
URL:
http://www.radio.cz/de/artikel/74247
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