[11.12.2005] -  - Gerald Schubert

Alles bleibt gut - Paroubek zu Besuch in Berlin

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Die Aussiedlung der Deutschen, 1945 Die Aussiedlung der Deutschen, 1945
Politische Gespräche über das tschechisch-deutsche Verhältnis gehen eigentlich fast nie ohne einen Blick auf die Vergangenheit über die Bühne. Zwar gibt es seit dem Jahr 1997 die Deutsch-Tschechische Erklärung, in denen beide Seiten versucht haben, eine gemeinsame Perspektive auf ihre Geschichte zu finden, und auch eine gemeinsame Perspektive auf ihre Zukunftshoffnungen. Dennoch: Wenn es konkret wird, dann hilft manchmal auch der allgemein gehaltene Text dieser Deklaration nur recht wenig. So ließ etwa der Amtsantritt der neuen deutschen Bundesregierung in Tschechien schnell die Frage aufkommen, ob das Kabinett Merkel Eigentumsforderungen vertriebener Sudetendeutscher unterstützen werde. Doch die Kanzlerin beruhigt:
"Wir haben hier eine lange Tradition deutscher Bundesregierungen, und in dieser Tradition befindet sich auch die Regierung, die wir jetzt gebildet haben. Weder unter Bundeskanzler Helmut Kohl als auch unter Bundeskanzler Gerhard Schröder hat die Regierung Eigentumsansprüche unterstützt. Und genau diese Position wird auch die neue Bundesregierung haben."
Sudeten Sudeten
An dem umstrittenen "Zentrum gegen Vertreibungen", das in Berlin entstehen soll, will Merkel aber festhalten. In Tschechien, aber vor allem in Polen war zuvor die Sorge laut geworden, dass dieses Zentrum die Themen Vertreibung und "ethnische Säuberung" zu sehr aus sudetendeutscher Sicht wahrnehmen würde. Vorangegangene Vertreibungen, wie etwa die der tschechischen Bevölkerung aus dem so genannten Sudetenland, würden dabei zu kurz kommen, so die Befürchtung. Merkel versucht auch hier Entwarnung zu geben:
"Was das Thema Zentrum gegen Vertreibungen anbelangt, so haben wir in der Koalitionsvereinbarung festgelegt, dass wir ein sichtbares Zeichen setzen wollen gegenüber einem Abschnitt der Geschichte, der für Deutschland eine große Bedeutung hatte. Über zwölf Millionen Menschen sind damals vertrieben und in Deutschland integriert worden. Aber ich möchte ganz klar dazusagen, dass wir das niemals als Relativierung unserer Geschichte betrachten werden. Wir kennen unsere Verantwortung, und genau darauf muss in der Diskussion geachtet werden. Wir versuchen das Ganze in einen europäischen Kontext einzubetten. In diesem Sinne werden wir tätig werden, aber eben ganz klar im Sinne einer Gesamtbetachtung und der Verantwortung für unsere Geschichte."
Ganz vom Tisch dürfte das Thema "Zentrum gegen Vertreibungen" damit jedoch nicht sein. Premierminister Jiri Paroubek über die Wahrnehmung des geplanten Zentrums in der tschechischen Öffentlichkeit:
"Ich habe der Bundeskanzlerin gesagt, dass diese Frage in Tschechien sogar in gemäßigten patriotischen Kreisen ein - wenn auch schon eher profan gewordenes - Thema ist. Ganz zu schweigen von den nationalistischeren Teilen der tschechischen Öffentlichkeit. So gesehen glaube ich nicht, dass dieses Zentrum für die politische Szene Tschechiens besonders produktiv wäre."


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Source: Czech Radio 7, Radio Prague
URL: http://www.radio.cz/de/artikel/73568
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