[02.11.2005] - Tagesecho - Martina Schneibergova
Franz Olbert wurde mit der Verdienstmedaille
ausgezeichnet
Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der
verschiedenen tschechisch-deutschen Konferenzen, die seit der Wende von 1989 auf
beiden Seiten der Grenze organisiert werden, ist er kein Unbekannter - im
Gegenteil: Man kann sich diese Diskussionstreffen ohne ihn kaum vorstellen. Die
Rede ist von Franz Olbert, dem langjährigen Geschäftsführer der deutschen
Ackermann-Gemeinde (1976-1999), einer von sudetendeutschen Katholiken
gegründeten Organisation. Am 28. Oktober wurde Franz Olbert vom tschechischen
Präsidenten Vaclav Klaus für Verdienste um den Staat im Bereich der Kunst und
Kultur ausgezeichnet. Zur Begründung der Auszeichnung hieß es u.a.: Mit seiner
langjährigen Tätigkeit gelang es Olbert, das belastende historische Erbe der
tschechisch-deutschen Beziehungen zu überwinden.
Herr Olbert, die Ackermann-Gemeinde hat die tschechische Kirche
bereits während des kommunistischen Regimes auf verschiedene Weise stark
unterstützt - diese Hilfe umfasste finanzielle Unterstützung, aber auch z. B.
die Verbreitung von religiös orientierter Literatur. Wie erinnern Sie sich an
diese Zeit, die Gewährung einer solchen Hilfe war ja ganz sicher auch manchmal
gefährlich, oder?
"Die Unterstützung der Kirche war nicht einfach, das ist
richtig. Die Kirche in der Tschechoslowakei war ja besonderen Repressalien und
Verfolgungen ausgesetzt, es gab ja keine Bischöfe mehr, die im Amt waren. Und
wir waren natürlich bemüht, neben bescheidenen materiellen Hilfen vor allem
geistige Hilfe zu leisten, das heißt Literaturhilfe."
Nach der Wende bot sich plötzlich die Möglichkeit, die
Kontakte, die es inzwischen schon gab, weiter auszubauen und gemeinsame
Veranstaltungen mit tschechischen Partnern durchzuführen...
"Wir haben mit unseren Kontaktpersonen vor allem aus der
Zeit nach 1968 begonnen, gemeinsame Veranstaltungen, Symposien, Begegnungen
anzubieten. Ich möchte hier zwei Veranstaltungstypen nennen, die besondere
Bedeutung gewonnen haben: einmal die Iglauer Symposien, die wir gemeinsam mit
der BOlzano-Stiftung veranstalten, und die Marienbader Gespräche, die wir
gemeinsam mit der Christlichen Akademie gestalten."
Das Engagement der
Ackermann-Gemeinde wurde mit der Zeit auch von wenigstens einem Teil der Medien
gewürdigt. Von einem Teil des tschechischen politischen Spektrums wurde es
jedoch ignoriert. Sie haben nie aufgegeben, waren Sie aber nicht manchmal
enttäuscht?
"Aber ja, nur ist das kein Weg, der weiter führt.
Enttäuschungen hat es natürlich gegeben, das ist selbstverständlich. Aber die
Überzeugung, dass nur der Weg des gemeinsamen Dialogs und der Begegnung zum Ziel
führt und die Bereitschaft, das Leid, das sich beide Völker zugefügt haben, zu
überwinden, war einfach stärker als die Enttäuschungen, die hingenommen werden
mussten."
Was bedeutet für Sie die Auszeichnung, die Ihnen jetzt
von Tschechiens Präsidenten Vaclav Klaus verliehen wurde?
"Ich sehe darin eine Bestätigung meiner ganz persönlichen
Arbeit und der Arbeit der Ackermann-Gemeinde. Das heißt, dass das Eintreten für
Wahrheit und Gerechtigkeit in die Zukunft führt. Deutsche und Tschechen sind nun
einmal Nachbarn in der Mitte Europas und sie können nebeneinander leben, sie
können aber auch miteinander leben. Und uns, und mir persönlich ist sehr daran
gelegen, dass wir miteinander leben und dieses sich immer stärker einende Europa
auch gemeinsam gestalten."
Source: Czech Radio 7, Radio Prague
http://www.radio.cz/de/
© Copyright 1996, 2005 Radio
Prague
All rights reserved.