[20.09.2005] - Begegnungen - Bára Procházková
Reinhold Macho verstorben: Verlust für tschechisch-deutsche
Beziehungen
Auf dem imaginären Schwarzen Brett für alle Menschen,
die sich im Bereich der tschechisch-deutschen Beziehungen aktiv bewegen, hängt
eine Todesanzeige in schwarzer Schrift. Am 8. September ist Reinhold Macho
gestorben, Bürgermeister der Stadt Furth im Wald und eine wichtige
Persönlichkeit für die bilateralen Beziehungen. Bara Prochazkova erinnert an
diesen bedeutenden Mann:
Trauer und Bestürzung
herrscht nicht nur in der bayerischen Grenzstadt Furth im Wald sondern auch auf
der tschechischen Seite der Grenze. Denn Reinhold Macho hat als Bürgermeister
sehr eng mit der tschechischen Partnerstadt Domazlice / Taus zusammengearbeitet.
Die tschechisch-deutschen Beziehungen haben in Reinhold Macho also einen
engagierten Menschen verloren, der sich vor allem auf der kommunalen und
regionalen Ebene für eine intensive Zusammenarbeit eingesetzt hat.
Macho wurde in 1942 in Horni Vltavice / Obermoldau geboren
und hat somit als kleiner Junge die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus
der Tschechoslowakei erlebt. Diese persönlichen Erfahrungen hat er jedoch
ausschließlich als Impuls und nicht als Hindernis für seine Tätigkeit empfunden,
sagt der Historiker Frank Boldt aus Cheb / Eger:
"Reinhold Macho hat sich sowohl menschlich als auch
politisch engagiert. Er war ein herzlicher Mensch, zu dem man sofort Vertrauen
hatte. Auf der anderen Seite wusste er, wie die Vergangenheit ausgesehen hat,
denn er war selber sudetendeutscher Herkunft. Er hat alles zwar nur als
Kleinkind erlebt, aber in der Familie hat er über vieles gehört. Er schaute
nicht vornehmlich in die Vergangenheit sondern in die Zukunft. Als es möglich
war, gleich nach 1990 wieder zusammen zu arbeiten, hat er diese Möglichkeit
sofort ergriffen."
Reinhold Macho hat die Städtepartnerschaft zwischen Furth im
Wald und Domazlice aktiv unterstützt, und er hat vor allem dafür gesorgt, dass
die Menschen einander näher kommen. Insbesondere in den Bereichen Kultur und
Sport findet heutzutage ein reger Austausch statt, für die freiwillige
Feuerwehr, für Senioren oder für Behinderte aus Furth im Wald und Domazlice ist
die bilaterale Zusammenarbeit zum Alltag geworden. Der Bürgermeister von
Domazlice Jan Latka arbeitete mit Reinhold Macho eng zusammen. Latka erinnert
sich an die Zusammenarbeit mit seinem Amtskollegen:

Bürgermeister
von Domazlice Jan Latka
"Die Zusammenarbeit mit Reinhold Macho war
großartig. Denn er hatte eine langjährige Erfahrung in der Kommunalpolitik. Er
war der richtige Mann an der richtigen Stelle. Reinhold Macho war ein
Bürgermeister, der seine Arbeit wirklich für die Bürger getan hat. Mit solchen
Menschen kann man immer sehr gut zusammenarbeiten."
Der 63-jährige Macho war seit 1984 als Bürgermeister der
Stadt im Landkreis Cham tätig, deshalb konnte er seinen tschechischen Kollegen
mit Rat und Tat zur Seite stehen, als sie in den 90er Jahren neu in die
Kommunalpolitik gekommen sind. Der Sozialdemokrat Jan Latka ist seit sieben
Jahren im Amt und erinnert sich an seine politischen Anfänge:
"Die Zusammenarbeit ist sehr breit. In den 90er Jahren
haben wir gelernt, wie man lokale und regionale Politik macht. Auf diesem Gebiet
war Reinhold Macho sowohl mir als auch meiner Vorgängerin im Amt ein große
Hilfestellung."
Der CSU-Politiker Macho erhielt für sein Engagement mehrere
Auszeichnungen. 1996 erhielt er von Bundespräsident Roman Herzog das
Bundesverdienstkreuz und 1997 wurde er vom Adalbert-Stifter-Verein mit dem
Kunstpreis zur deutsch-tschechischen Verständigung ausgezeichnet. Und dies auch
zu Recht, sagt der Bürgermeister von Domazlice Jan Latka:
"Wir beide haben immer gesagt, dass die Partnerschaft auf
der Bürgermeisterebene anfängt. Die schönste Belohnung ist es für uns, dass auch
die normalen Bürger sich dann aktiv an der Partnerschaft beteiligen, zum
Beispiel wenn sie sich gegenseitig besuchen. Ich bin davon überzeugt, dass die
Zusammenarbeit auch weiterhin gut gedeihen wird. Im Hintergrund werden wir aber
immer Reinhold Macho spüren, der der Initiator des Ganzen war. Er hat sich sehr
stark für die lokale und regionale Politik eingesetzt und war der Drahtzieher
der deutsch-tschechischen Freundschaft."
Reinhold Macho war ein Kommunalpolitiker, er hat
sich aber stark dafür eingesetzt, dass auch die Bundespolitik die Grenzgebiete
wahrnimmt. Er betonte immer die Wichtigkeit der kommunalen Ebene für die
Bundespolitik, vor allem im Grenzgebiet, beschreibt der Historiker Frank Boldt:
"Als Bürgermeister von Furth im Wald hatte er das Glück,
gleich nebenan eine tschechische Gemeinde zu haben, die ihr Selbstbewusstsein
nicht verloren hat. Denn die Bürger der Stadt Domazlice / Taus sind nicht
ausgesiedelt worden. Er konnte mit ihnen also gut zusammenarbeiten. Er hat alles
getan, um konkret und praktisch zu wirken. Gleichzeitig hat er versucht, die
rhetorische Seite der höheren Politik abzuschwächen. Diese abgelegenen Gegenden
wie der Böhmerwald oder die Further Gegend werden meist nur im Wahlkampf
besucht. Reinhold Macho hat dagegen immer ganz konkret gearbeitet."
Gerade in diesem Punkt hat Reinhold Macho mit gewisser
Bewunderung auf die andere Seite der Grenze geschaut, denn sein Amtskollege Jan
Latka hatte aus der Hauptstadt das politische Interesse, das sich Macho
gewünscht hätte:
"Ich kann nicht sagen, dass ich die gleichen Erfahrungen
habe, wie sie Reinhold Macho oft erwähnt hat. Er war Stammgast bei unseren
Stadtfesten, und er war immer ein bisschen neidisch, dass sogar
Ministerpräsidenten zu uns gekommen und ein paar Stunden bei uns geblieben sind.
Ich sehe nicht so sehr das Problem, dass die Politiker am Grenzgebiet
desinteressiert sind, sondern dass die Politologen die deutsch-tschechischen
Beziehungen vom Schreibtisch in Prag aus bewerten. Es wäre nötig, direkt zu den
Leuten zu fahren."
Vor allem für den Jugendaustausch konnte sich
Reinhold Macho begeistern. Er wurde zum Schirmherrn von Treffen junger
Wissenschaftler und organisierte regelmäßig das große Drachenfest. Aus dem Kult
des "bösen husitischen Drachens" wurde ein Volksfest für alle. Die tschechische
Stadt Domazlice hat zusätzlich noch die österreichische Gemeinde Furth bei
Göttweig sowie das französische Ludres als Partnerstadt. Jan Latka erzählt, dass
es für die Bürger der Stadt zuerst attraktiver war, in die weiter entfernten
Städte zu fahren, mittlerweile wurde die Städtepartnerschaft mit Furth im Wald
zum Alltag.
"Ich glaube nicht, dass das nur eine Frage der
Bürgermeister ist. Obwohl auf dieser Ebene die Zusammenarbeit anfängt. Die
Partnerschaft zwischen Domazlice und Furth im Wald hat einen großen Vorteil, und
zwar, dass die beiden Städte so nah beieinander liegen. Es ist zur
Selbstverständlichkeit geworden, zu einer kulturellen oder sportlichen
Veranstaltung auf die andere Seite der Grenze zu gehen."
Reinhold Macho hat sich auch weit über die Grenzen der
Kommunalpolitik hinaus für die tschechisch-deutschen Beziehungen eingesetzt.
Auch mit der katholischen Ackermann-Gemeinde pflegte er enge Kontakte und
arbeitete mit ihr an vielen Projekten zusammen. Die Vorsitzende der
tschechischen "Sdruzeni Ackermann-Gemeinde" Helena Faberova erinnert sich an
sein Engagement:
"Die Nachricht über den Tod von Bürgermeister Reinhold
Macho hat mich persönlich tief getroffen. Ich habe diesen Mann kennen gelernt,
der sich um die deutsch-tschechische Verständigung verdient gemacht hat. Als
Vorsitzende der tschechischen Seite der Ackermann-Gemeinde bleibe ich ihm für
seine Bereitwilligkeit und seine freundliche Zusammenarbeit bei unseren
Veranstaltungen sehr dankbar. Die Begegnungen mit ihm waren sowohl für mich als
auch für unsere Mitglieder eine Bereicherung. Er wird uns allen sehr
fehlen."
Und der Historiker Frank Boldt meint gar:
"Sein Tod ist ein gewaltiger Verlust. Leider ist er nur
63 Jahre alt geworden. Bis zum letzten Moment war Reinhold Macho außerordentlich
aktiv, und keiner hat geahnt, was uns allen da bevorsteht, dass er bald nicht
mehr unter uns sein wird. Obwohl man das bei wenigen Menschen sagen darf und
sagen soll: Ich würde sagen, dass er unersetzlich ist."
Source: Czech Radio 7, Radio Prague
URL:
http://www.radio.cz/de/artikel/70832
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