Die tschechische Regierung entschuldigte sich am Mittwoch symbolisch bei den ehemaligen tschechoslowakischen Bürgern deutscher Nation, die aktiv gegen den Nationalsozialismus aufgetreten sind und der Tschechoslowakei loyal gegenüberstanden. In einer Erklärung, die die Regierung einstimmig verabschiedet hat, bedauerte die Regierung, dass diese Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg keine verdiente Anerkennung bekommen haben und darüber hinaus durch Maßnahmen in der Nachkriegstschechoslowakei zu Schaden gekommen sind. Die Regierung ehrte auch die Tätigkeit der deutschen Antifaschisten in der Tschechoslowakei: "Diesen Menschen schulden wir moralische Anerkennung, und die Parteien der Regierungskoalition wollen das in dieser Form zum Ausdruck bringen", sagte Premierminister Jiri Paroubek, der die Versöhnungsgeste initiierte. Das Kabinett teilte 30 Millionen Kronen (rund eine Million Euro) für Projekte zu, die die Schicksale der deutschen Antifaschisten dokumentieren sollten. Die Versöhnungsgeste soll nicht mit einer individuellen Entschädigung verbunden werden. --------------------------------------- Die oppositionellen Bürgerdemokraten sowie die Kommunisten sind mit der Versöhnungsgeste gegenüber den sudetendeutschen Antifaschisten nicht einverstanden, auch Staatspräsident Vaclav Klaus kritisierte die Regierung und bezeichnete die Erklärung als einen Fehler. Die Versöhnungsgeste könne zu wachsenden Ansprüchen der Sudetendeutschen gegenüber dem tschechischen Staat führen, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Bürgerdemokraten, Petr Necas. Der Vorsitzende der kommunistischen Abgeordneten, Pavel Kovacik, meint, dass jeder Antifaschist eine Anerkennung bekommen solle. Er erwarte daher auch eine Entschuldigung gegenüber denjenigen tschechischen Bürgern, die vor dem Zweiten Weltkrieg aus dem tschechoslowakischen Grenzgebiet vertrieben wurden. Präsident Klaus sieht bereits die Deutsch-tschechische Erklärung von 1997 als eine ausreichende Auseinandersetzung mit der Geschichte, eine Entschuldigung sei bloß eine überflüssige Geste, hieß es aus der Prager Burg. --------------------------------------- Die Vertreter der Sudetendeutschen aus Deutschland und Österreich begrüßten die offizielle Versöhnungsgeste der tschechischen Regierung gegenüber denjenigen Sudetendeutschen, die gegen den Faschismus gekämpft haben und nach dem Kriegsende wegen ihrer deutschen Herkunft diskriminiert worden sind. Die Vorsitzende des Verbandes der Vertriebenen, Erika Steinbach, bewertet die Entschuldigung der tschechischen Regierung als einen Schritt in die richtige Richtung. Es handele sich um eine Verbesserung der Atmosphäre in den deutsch-tschechischen Beziehungen, die Betroffenen haben zumindest ein bisschen Gerechtigkeit bekommen, sagte am Mittwoch der Vorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Bernd Posselt. Auch in Österreich stieß die Versöhnungsgeste auf positive Reaktionen. Der Sprecher des österreichischen Außenministeriums sagte gegenüber der Nachrichtenagentur APA, dass dieser Schritt, nach dem Wien-Besuch vom tschechischen Ministerpräsidenten Jiri Paroubek, bereits erwartet worden sei. --------------------------------------- Die tschechisch-deutschen Beziehungen seien gut, ein dunkler Schatten bleibe jedoch die Frage der Sudetendeutschen, sagten 40 Prozent der Befragten bei der Umfrage des Meinungsforschungsinstituts STEM in Tschechien. Die Mehrheit der Respondenten bewertet die Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei als gerecht und ist gegen einen materiellen Ausgleich. Rund fünf Prozent der Tschechen sehen die Vertreibung sehr kritisch. Drei Prozent der Befragten würde den Vertriebenen Deutschen ihr Eigentum zurückgeben, kam bei der STEM-Umfrage heraus. |
Source: Czech Radio 7, Radio Prague URL: http://www.radio.cz/de/ 24.08.05 © Copyright 1996, 2005 Radio Prague All rights reserved. |