[14.07.2005] - Tagesecho - Martina Schneibergova
Johannes-Mathesius-Gesellschaft - ein Partner im tschechisch-deutschen
Austausch
In unseren Sendungen haben wir bereits mehrfach über tschechisch-deutsche
Veranstaltungen der Ackermann-Gemeinde berichtet, einer von
Sudetendeutschen Katholiken gegründeten Organisation. Im Rahmen der vor
kurzem in Prag organisierten ökumenischen Begegnungstage präsentierte sich
neben der Ackermann-Gemeinde noch eine andere Gesellschaft, die von
Sudetendeutschen Christen ins Leben gerufen wurde. Die
Johannes-Mathesius-Gesellschaft wurde nach dem Pädagogen und Tischgenossen
Martin Luthers, Johannes Mathesius, benannt, der im nordböhmischen
Jáchymov/Joachimsthal wirkte. Mehr über die Gesellschaft hat Martina
Schneibergova von Horst Schinzel erfahren, der die Gesellschaft während
der Begegnungstage in Prag vertrat:
"Man sagt normalerweise, dass die Sudetendeutschen katholisch sind,
aber fünf Prozent der Sudetendeutschen sind evangelisch. Sie berufen sich
auf die Reformation, und gerade aus Nordböhmen war es sehr nahe zur
reformatorischen Hauptgegend - zu Wittenberg und zu Sachsen. Da sind
einfach im 15. Jahrhundert die Einflüsse der europäischen Reformation,
also nicht nur der Wittenbergischen, sondern auch der Schweizer, einfach
über die Berge gerade in die Bergarbeiterstadt Jáchymov gedrungen."
Die Mathesius-Gesellschaft ist also erst nach der Vertreibung in
Deutschland entstanden?
"Ja, es haben sich zuerst die evangelischen Sudetendeutschen
zusammengeschlossen. Dann hat man gesagt, da Mathesius der Hauptvertreter
der Lutherischen Reformation ist, dass wir ihn besonders ehren. Wobei wir
natürlich auch wissen, dass Böhmen und Mähren ein reichhaltiges
reformatorisches Erbe hat, das weit über das Lutherische hinausgeht."
Über das Engagement der Johannes-Mathesius-Gesellschaft im Bereich der
tschechisch-deutschen Beziehungen sagte Horst Schinzel:
"Es gibt Treffen, wobei man natürlich sagen muss, dass der
Alterungsprozess immer mehr zugenommen hat. Aber es gibt auch jüngere
Leute. Gerade die Jugendarbeit ist uns sehr wichtig, und auch in diesem
Jahr soll ein Jugendtreff zwischen deutschen und tschechischen
Jugendlichen stattfinden."
An den internationalen Begegnungstagen in Prag hob Horst Schinzel vor
allem folgenden Aspekt positiv hervor:
"Einfach, dass man miteinander reden kann, und es hat sich auch
vorher im Gespräch ergeben, es ist ja gar nicht so einfach, miteinander zu
reden, weil es doch viele Spezialwörter gibt, wo wir immer Schwierigkeiten
haben, wie wir diese theologischen Ausdrücke in die andere Sprache
übersetzen. Deshalb ist es vielleicht verständlich, dass die großen
Streitereien zwischen beiden Völkern auch dadurch entstanden sind, dass
man sich gegenseitig nicht verstanden hat."
Wonach fragen die Leute am häufigsten, wenn sie an Ihrem Stand
vorbeigehen?
"Sie sind interessiert an der Geschichte und über das Land etwas zu
erfahren, weil doch viele Sachen in den letzten vierzig oder fünfzig
Jahren nicht mehr so offen ausgesprochen sind. Und sie freuen sich, dass
man Traditionen des eigenen Landes wieder hört."
Source: Czech Radio 7, Radio Prague
URL: http://www.radio.cz/de/artikel/68549
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