[18.04.2005] - Tagesecho - Martina Schneibergova
In Prag fand die "Konferenz der Versöhnung zwischen Tschechen
und Sudetendeutschen" statt
Um Vergebung der Gräueltaten, die von Tschechen an
Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg begangen wurden, haben die Teilnehmer einer
tschechisch-deutschen Konferenz gebeten, die am vergangen Freitag und Samstag in
Prag stattfand. Martina Schneibergova war dabei:
Das Treffen hieß
"Konferenz der Versöhnung zwischen Tschechen und Sudetendeutschen" und wurde von
der "Christlichen Missionsgesellschaft" organisiert. Es war die erste Konferenz,
die die Gesellschaft zu diesem, vor allem in christlichen Kreisen häufig
vorkommenden Thema organisierte. Nach den Beweggründen fragte ich den Initiator,
Tomás Dittrich:
"Als ich davon erfuhr, was die Sudetendeutschen nach dem
Krieg erlebten, war ich schockiert. Mit ähnlich denkenden Menschen suchten wir
nach Menschen auf tschechischer Seite, die sich der Tragik der Vertreibung
bewusst sind. Außerdem suchten wir nach denjenigen auf deutscher Seite, die ein
offenes Herz haben, um Kontakt aufzunehmen und zu verzeihen."
Fast 120
Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die meisten von ihnen aus Tschechien, hörten
einleitend einen Vortrag des Historikers und Publizisten Emanuel Mandler. Er
betonte u. a., ein Volk könne sich nicht um Versöhnung bemühen, wenn seine
einzelnen Vertreter die Versöhnung mieden. Mandler zufolge soll man bei sich
selbst beginnen und an andere appellieren. Der Hass gegenüber den
Sudetendeutschen sei in der Vergangenheit verankert:
"Aber den Hass kann man nicht auf die Vergangenheit
beschränken, der Organismus des Volkes ist davon durchdrungen, der Hass dringt
in die zwischenmenschlichen Beziehungen sowie in die Politik ein. Die offizielle
Version lautet: Sudetendeutsche hätten den Krieg entfesselt und die Vertreibung
sei dessen Folge. Glauben Sie es nicht. Die Vertreibung war eine ethnische
Säuberung, die die Kriegsverhältnisse zur Errichtung eines nationalen Staates
ausnutzen sollte. Das Maß an Hass, das in der tschechischen Gesellschaft
enthalten ist, ist nur deren peinliches Relikt. Mit der Vertreibung der
Deutschen haben wir uns nicht geholfen."
Dem Historiker
zufolge setzt die Versöhnung einen Dialog, ein Miteinanderreden voraus:
"Diejenigen, die die Kommunikation mit Vertretern der
Sudetendeutschen verdammen, schaden nicht nur den Deutschen, sondern vor allem
uns selbst und unserem Volk. Wenn wir vom Staatspräsidenten aufgefordert werden,
uns mit der Vergangenheit zu versöhnen, sollten wir dies tun: D. h. versuchen,
die Vergangenheit ohne Vorurteile zu sehen, dem Aberglauben nicht zu glauben,
auch wenn er von offiziellen Experten verbreitet wird, sondern sich eine eigene
Meinung zu bilden."
Unter den
Referenten waren des Weiteren z. B. Jan Stepán vom Premysl
Pitter-Stiftungsfonds, der Schriftsteller Hugo Fritsch sowie der Präsident der
Bundesversammlung der Sudetendeutschen Landmannschaft, Werner Nowak. Dr. Nowak
wusste vor allem die Ehrlichkeit der Konferenzteilnehmerinnen und Teilnehmer zu
schätzen, die während der Diskussion sowie in der Abschlusserklärung seiner
Meinung nach zu spüren war:
"Ich gehe von dieser Konferenz weg mit der festen
Überzeugung, dass wir nur mit solchen Menschen, die dort zusammen waren, nur in
diesem Geist die gegenseitige Versöhnung und Verständigung verwirklichen können.
Worte allein und Absichtserklärungen reichen nicht, sondern der Durchbruch muss
her. Und den Durchbruch habe ich bei der Konferenz jetzt am Wochenende voll
gespürt."
Source: Czech Radio 7, Radio Prague
URL:
http://www.radio.cz/de/artikel/65579
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